Portraitbild von Physiotherapeut Björn Reindl auf dem ARTZT Symposium | ARTZT thepro

„Im Leistungssport wird nicht zwingend die gesündeste Entscheidung getroffen“

Lesedauer: 3 Min.

Interview mit Physiotherapeut Björn Reindl

Eine falsche Bewegung und es zwickt, sticht oder knackt – der Muskel macht zu, die Bänder reißen oder der Knochen ist durch. Verletzungen im Sport können schnell passieren, aber auch das Ergebnis dauerhafter falscher Belastung sein.

Björn Reindl war zwischen 2001 und 2008 leitender Physiotherapeut bei Eintracht Frankfurt und ist DOSB-Sportphysiotherapeut (Deutscher Olympischer Sportbund) und Osteopath. In seinem Gesundheitszentrum R2comSport hat er unter anderem die Fußballprofis Marko Marin und jüngst Alex Meier nach seiner Knieverletzung wieder fit gemacht.

Im Interview äußert er sich zur Therapie verletzter Profi- und Hobbysportler.

Wie bekommst du Leistungssportler nach Verletzungen schnellstmöglich wieder auf ein konkurrenzfähiges Level?

Die Behandlung unserer Patienten ist ein Zusammenspiel verschiedener Spezialisten auf ihrem jeweiligen Einsatzgebiet. Dazu zählen Physiotherapeuten, Osteopathen, Ernährungsberater, Sportwissenschaftler und weitere Disziplinen. Durch eine gute und enge Zusammenarbeit unserer Experten versuchen wir eine schnelle Rückkehr der Patienten zu gewährleisten, die somit ein Ergebnis unserer Teamleistung ist.

Viele Profisportler verletzen sich bereits kurz nach ihren Verletzungspausen erneut. Mangelhafte medizinische und therapeutische Behandlung oder verfrühtes Comeback?

Vorab sind gewisse Dinge über eine Verletzung bekannt. Nimmt man das Beispiel Kreuzbandriss, wissen wir, dass der Körperschwerpunkt des Betroffenen bei der Verletzung nach hinten verlagert war und es dadurch, meist ohne Fremdeinwirkung, zum Valgustrauma kommt. Beim Return-to-Play wird dann unter anderem gecheckt – beispielsweise bei einer Sprungbewegung – ob der Sportler keine große Tendenz des Valgustraumata mehr besitzt und wieder belastungsfähig ist.

Ansonsten können unterschiedliche Gründe eine Rolle spielen: so könnte wirklich ein zu frühes Comeback zu einer erneuten Verletzung führen oder der Fitnesszustand eines Sportlers ist nach seiner Verletzung noch nicht so gut, wie es das Trainingsprogramm verlangt. Ich bin ein Freund davon, einen Sportler erst dann zurückgehen zu lassen, wenn er keine große individuelle Betreuung mehr benötigt.

Wozu würdest du verletzten Sportlern – egal ob Profis oder Hobbysportlern – raten? Verletzungen in aller Ruhe auskurieren oder möglichst hart an einer schnellen Rückkehr arbeiten?

Das ist immer einzelfall- und situationsabhängig. Beides muss drin sein: schnell am Comeback arbeiten, aber auch auf den Körper hören. Es bringt nichts, seine Verletzung zu verschleppen. Deshalb ist immer von einer verfrühten Rückkehr abzuraten, wenn die Gefahr einer schlimmeren Verletzung besteht. Ansonsten muss der Betroffene abwägen, wie nötig sein Comeback ist. Unter den Anforderungen des Leistungssports wird dabei nicht zwingend die gesündeste Entscheidung getroffen.

Wie groß ist der Unterschied zwischen Profis und Hobbysportlern? Erholen sich Profisportler schneller von Verletzungen?

Das liegt am Aufwand, den der Verletzte zur Genesung betreibt. Der Betreuungsaufwand ist bei Hobbysportlern natürlich bei weitem nicht so groß wie bei den Profis. Die versicherungstechnischen Zugeständnisse spielen natürlich eine entscheidende Rolle für die Regeneration des Patienten.

Welche funktionellen Geräte nutzt du in deiner Behandlung? Welche Übungen führst du damit durch?

ie genutzten Geräte reichen von einem gesamten Gerätepark bis hin zu Kleingeräten. Zum Training eignen sich z.B. Schlingentrainer, weil damit eine Vielzahl von Übungen mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden kann. Diese beanspruchen mehrere Muskelgruppen zugleich und eignen sich für Kraft- und Koordinationstraining sowie für Dehnungen entgegen der normalen, funktionellen Kette und die Simulation komplexer Bewegungen, die dem Sportler dann letztendlich helfen.

Der Schlingentrainer ist also nicht nur zum Krafttraining geeignet, sondern auch zum koordinativen und funktionell dehnenden oder myofaszialen Training.

Welche Geräte können speziell Hobbysportler zu Hause nutzen, um sich von Verletzungen zu erholen oder um solchen vorzubeugen?

Die Nutzung von instabilen Unterlagen kann Hobbysportlern zur Verletzungsprävention dienen. Diese fördern den Gleichgewichtssinn, die Balance und die Stabilität. So können Stürze und ungewollte Bewegungen während des Sports besser vermieden und ausgeglichen werden, wodurch sich das Verletzungsrisiko reduziert.

Wie setzt du Fazer innerhalb deiner Behandlungen zur Faszientherapie ein? Welchen Effekt hat diese Behandlungsform?

Ich nutze die Fazer für verschiedene Behandlungsformen. Die Faszie ist nicht vom Muskel zu trennen, deshalb setze ich Fazer bei diversen Behandlungszielen ein, da eine Trophikverbesserung und eine gezielte Behandlung spezieller Strukturen sehr gut möglich sind. Am Behandlungsergebnis verändert diese Therapieform nichts, jedoch kann damit die Schnelligkeit der Regeneration verbessert werden.

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