Klaus Eder, ehemaliger Physiotherapeut des DFB, hält auf dem ARTZT Symposium ein Fußballtrikot der Deutschen Nationalelf mit verschiedenen Unterschriften. | ARTZT neuro

"Nach dem Spiel ist vor dem Spiel."

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Interview mit dem ehemaligen DFB-Physiotherapeuten Klaus Eder

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Dieses Zitat des früheren Bundestrainers der Fußballnationalmannschaft, Sepp Herberger, trifft insbesondere auf die medizinische Abteilung der Nationalelf zu. Verletzungen müssen behandelt und Präventivmaßnahmen ergriffen werden, um möglichst alle Spieler für das nächste Spiel fit zu bekommen.

Klaus Eder gehörte als Chef-Physiotherapeut des DFB zum Team hinter dem Team und begleitet die Fußballnationalmannschaft seit 1988 zu Spielen und Turnieren.

Klaus, Wichtige Spieler wie Bastian Schweinsteiger oder Sami Khedira waren nach Verletzungspausen wieder fit, als es darauf ankam. Wie wichtig ist die Rolle der medizinischen und therapeutischen Abteilung rund um ein Turnier wie die WM 2014 in Brasilien?

Wir sind im medizinischen Bereich hervorragend aufgestellt und benötigen auch ein funktionierendes, eingespieltes Behandlungsteam, um verletzte Spieler so schnell wie möglich wiederherzustellen. Basierend auf einer exakten ärztlichen Diagnose gilt es dann, einen physiotherapeutischen Behandlungsplan zu erstellen.

Wird der Spieler daraufhin bestmöglich therapiert, kann dieser häufig bis zum nächsten Spiel wieder in einen guten Zustand gebracht werden, falls die Verletzung das hergibt. Gerade bei einer Weltmeisterschaft ist unsere physiotherapeutische Abteilung rund um die Uhr im Einsatz.

Wie sieht dein Arbeitstag während eines Großereignisses aus?

Zwischen den Spielen betreuen wir die Spieler von morgens um acht bis abends um elf Uhr, setzen uns anschließend noch mit der medizinischen Abteilung zusammen und besprechen, welcher Spieler eine bestimmte Behandlungsform benötigt. Auch wir feiern Siege und Niederlagen in unserem Behandlungszimmer, je nachdem ob die Behandlung anschlägt oder den Zustand des Spielers nicht so beeinflusst wie gewünscht.

Während eines Spiels sind wir natürlich auch gefordert. Löst sich beispielsweise das Band eines Spielers aus der Verankerung am Knochen, kühlen wir die Stelle herunter und schieben das Band zurück an seine Position, damit der Schmerz erträglicher wird und der Spieler weitermachen kann. Eine exakte Diagnose kann dann erst nach dem Spiel gestellt werden und gegebenenfalls weitere Behandlungen nach sich ziehen.

Wie hat sich die Physiotherapie im Spitzensport in den letzten Jahren verändert?

Die Anforderungen werden immer höher und es gilt, immer neue Herausforderungen zu meistern. Alles ist viel professioneller geworden, nicht nur der Betreuerstab, zu dem neue Felder dazugekommen sind und der um einiges größer geworden ist, sondern auch die Spieler.

Allein der Fuß verfügt über 26 Gelenke. Ist eines nicht an seiner korrekten Position, kann dadurch die Funktionsfähigkeit des aktiven und passiven Bewegungsapparates beeinträchtigt werden.

Über welche Kenntnisse müssen Physiotherapeuten im Spitzensport verfügen?

Alle Physiotherapeuten, die für eine A-Nationalmannschaft arbeiten möchten, benötigen eine Lizenz des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) als Sportphysiotherapeut. Auch umfassende Kenntnisse der manuellen Therapie und Osteopathie sind notwendig. Ohne richtiges Wissen der Anatomie und Biomechanik sowie eine angemessene Ausbildung geht es nicht. Ohne eine physiotherapeutische Diagnostik, die die Ursache von Beschwerden feststellt, würde der Physiotherapeut schließlich ins Blaue hinein behandeln.

Natürlich spielt auch die jahrelange Erfahrung eines Physiotherapeuten eine wichtige Rolle. Zudem muss man sich darauf einstellen, dass die Spieler gelegentlich ihre privaten Probleme oder ihren Frust im Behandlungszimmer abladen.

Können Sie uns an einem Beispiel darlegen, wie wichtig eine korrekte Befunderhebung in der Physiotherapie ist?

Betrachten wir zum Beispiel Muskelverletzungen, unterscheiden wir zwischen Strukturschäden mit Einblutung (Muskelfaserriss, Muskelbündelriss oder Muskelabriss) und strukturellen Schäden ohne Einblutung, wie beispielsweise mechanischen Über- oder Fehlbelastungen, Zerrungen oder Triggerbändern (verdrehte Faszienbänder).

Je nach Befund des Arztes oder Physiotherapeuten kann sich ein differenzierter Behandlungsplan ergeben, um die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Bewegungsapparates wiederherzustellen. Die Behandlungsstrategie kann natürlich bei falscher Diagnose irrtümlich ausfallen.

Die Zusammenarbeit und gleiche Terminologie der medizinischen Abteilung hat daher höchste Priorität, um eine angemessene Behandlung und Rehabilitation des Patienten gewährleisten zu können.

Welche Rolle spielt funktionelles Training in der Rehabilitation von Sportlern?

Beim funktionellen Training wird nicht nur ein Muskel gesondert, sondern ganze Muskelketten trainiert. Demnach werden in der Rehabilitation nicht nur die betroffene Stelle, sondern auch die umliegenden Muskeln beansprucht. Mit einer Vielzahl von Kleingeräten lassen sich Übungen zur Steigerung von Kraft, Koordination und Stabilisation durchführen. Der Übungen können dabei gezielt auf spätere Bewegungsabläufe abzielen.

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